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Die Aufholjagd des Marketing

Unternehmen sollten gerade jetzt die Chance nutzen, umfangreiche digitale Kundenerlebnisse zu realisieren. Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein.
Nicolas Wandschneider | 25.06.2021
Die Aufholjagd des Marketings © Freepik
 

Die Corona-Pandemie hat dem B2B-Marketing zu einer neuen Bedeutung verholfen. Unternehmen müssen die Chance nutzen, umfangreiche digitale Kundenerlebnisse zu realisieren. Dafür müssen sie in die Digitalisierung und Automation der Marketing-Prozesse investieren – besser heute als morgen.

 

Die Corona-Krise hat in unserem Arbeitsleben vieles verändert. Plötzlich war Arbeiten im Homeoffice nicht nur erlaubt, sondern gewünscht, sind Videokonferenzen zur Normalität geworden und wird in Führungsetagen der Unternehmen eifrig darüber diskutiert, was von diesen Trends bleiben soll – und was nach Ende der Pandemie ersetzt werden muss.

Mit dem Ausbruch des Virus haben sich in Betrieben aber nicht nur Produktion und Vertrieb sowie die Art der Kollaboration gewandelt; auch das Marketing ist in der Krise ein anderes geworden, weil sich der Blick von Kunden auf Marken verändert hat, weil vertraute Marken in der Krise Halt zu geben vermochten und neue, tiefere Beziehungen zu Kunden aufbauen konnten, wenn sie gut und klug auf die neue Krisensituation reagiert haben.

Dabei kommt einem Punkt eine wesentliche Rolle zu, der das Marketing in den kommenden Jahren wesentlich prägen wird: Die digitale Transformation der Disziplin ist durch Corona enorm beschleunigt worden. Hatten Marketeers in der jüngeren Vergangenheit gegenüber anderen Einheiten in Unternehmen an Einfluss verloren, hat gerade die Krise dem Marketing neues Gewicht verliehen. Denn durch den Lockdown und die damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens mussten Marketingverantwortliche neue Wege finden, um mit Kunden im Austausch zu bleiben. Egal, ob neue Produkte eingeführt werden mussten oder eine direkte Kommunikation mit Kunden gefragt war: Dem Marketing und dort speziell den digitalen Kanälen kommen seit Ausbruch der Pandemie eine höhere Bedeutung zu.


Digitalisierung als Überlebensfrage

Diese Erkenntnis wird in Unternehmen einiges in Bewegung setzen. Die Corona-Krise wird dort zu einer regelrechten Aufholjagd führen, im Zuge derer Marketingprozesse digitalisiert und automatisiert und damit effektiver und zielgenauer werden. Die Transformation von Marketing und Vertrieb in die digitale Welt wird damit für Unternehmen, nach Corona mehr denn je, zur Überlebensfrage.

Das klingt dramatisch, liegt aber auf der Hand. Denn die Zwänge in der Pandemie haben bei all ihren Nachteilen auf unseren Alltag auch offenbart, welch enorme Chancen Digitalisierung und Automation im Marketing bereithält, weil zum Beispiel Markteintrittsbarrieren verschwinden, weil der Zugang zum Kunden einfacher wird, dass datengetriebenes Marketing zielgenauer, berechenbarer, individueller wird.


Unternehmen müssen aufholen

Doch so gut das klingt, steckt darin auch ein Alarmsignal. Denn wie jede Herausforderung auch Chancen beinhaltet, ist auch das Gegenteil wahr, denn wer die Notwendigkeit der Digitalisierung nicht erkennt und entsprechend handelt, bleibt im wörtlichen Sinne auf der Strecke. Eine aktuelle Trend-Befragung rund um moderne Vermarktung und Marketing Automation in Unternehmen beweist, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung von Marketing-Verantwortlichen noch zu wenig genutzt werden. Demnach hat erst ein Viertel der Unternehmen spezielle Software im Einsatz, die Marketingprozesse digital darstellt. Das ist deutlich zu wenig.

Doch es gibt Hoffnung, dass in deutschen Unternehmen die Notwendigkeit, Marketing neu zu denken, erkannt wurde, weil der Umfrage zufolge immerhin 38 Prozent der Befragten sagen, sie seien dabei, ein entsprechendes Tool auszuwählen. Für diese Hoffnung spricht auch, dass die befragten Marketeers in Unternehmen die Strukturen ihrer Einheiten so umbauen wollen, dass sie agil und integriert arbeiten können und dass die Rädchen in der Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb besser ineinandergreifen. Das erscheint umgekehrt auch nötig, schließlich gab nur etwa ein Drittel der befragten Betriebe an, dass beide Einheiten derzeit an einem Strang ziehen.


Der beste Zeitpunkt für neue Prozesse

Der Zeitpunkt, die Marketing- und Vertriebseinheiten neu zu organisieren, könnte nicht besser sein. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie gut digitale Kanäle funktionieren, um neue Kunden zu gewinnen und bestehende Kontakte zu aktivieren. Wenn die digitale Komponente noch stärker für Pre-Sales- und Sales-Prozesse genutzt wird, kann das Marketing die Schlüsseldisziplin sein, um die Customer Journey im Umgang mit Kunden durchgängig zu digitalisieren. Schon jetzt haben all jene Unternehmen Vorteile, die ihre Prozesse in den vergangenen Jahren bereits weitgehend automatisiert und sich von personen-zentrierten Vertriebsmodellen verabschiedet haben.

Die Dimension dieser Transformation ist so gewaltig, dass Unternehmen sie nicht unterschätzen dürfen und sich Unterstützung an die Seite holen sollten, etwa, wenn es um die Auswahl geeigneter Tools zur Automation geht, aber auch bei der Frage, wie Mitarbeiter qualifiziert werden müssen. Sechs von zehn Betrieben fürchten, dass ihre Belegschaft noch nicht ausreichend geschult ist, um die digitale Transformation gestalten und ihre Organisation auf datengetriebenes Marketing ausrichten zu können, sei es auf dem Gebiet Tracking und Reporting, sei es bei Themen wie Customer Analytics oder auf dem Feld strategischer Konzeption.


Marketing vor Bedeutungsaufschwung

Es bleibt also viel zu tun, aber der Aufwand wird sich auszahlen. Denn das Marketing steht vor einem Bedeutungsaufschwung in Unternehmen. Allerdings steht diese Hoffnung unter Vorbehalt: Marketingverantwortliche müssen sich der digitalen Transformation nicht nur beiläufig zuwenden, sondern sie kompromisslos und offensiv gestalten. Unternehmen, denen das gelingt, sind für die Zukunft gut aufgestellt. Und sie werden Krisen wie diese besser durchstehen als der Wettbewerb.

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Über Nicolas Wandschneider

Nicolas Wandschneider ist Geschäftsführer der Cloudbridge Consulting GmbH mit Sitz in München.